Burnoutvermeidung im Unternehmen – Ein arbeitsrechtlicher Überblick

Arbeitsrechtliche Aspekte zur Vermeidung von Burnouterkrankungen

Die Gründe dafür, weshalb ein Arbeitnehmer von dem Burnoutsyndrom betroffen ist, sind meist ebenso vielseitig wie die betroffenen Persönlichkeiten selbst. Sicherlich gibt es jedoch einige Faktoren, die grundsätzlich ein erhöhtes Gefährdungspotenzial aufweisen, wie etwa zu lange Arbeitszeiten, zu weitreichende Arbeitsaufteilungen, Überforderung oder auch Unterforderung, oftmals verstärkt durch private Belastungen (Quelle 1).

Doch welche arbeitsrechtlichen Pflichten erwachsen aus der Verantwortung beider arbeitsvertraglichen Seiten gegenüber einander und welche Folgen kann es haben, wenn diesen Pflichten nicht ausreichend nachgekommen wird? Der folgende Artikel soll hierüber einen kurzen Überblick gewähren.

 


 

Arbeitgeber- und Arbeitnehme­rpflichten im Rahmen der Gefährdungs­beurteilung psychischer Belastungen

Da keine gesetzliche Definition existiert, greift die Rechtsprechung bei der Definition des Begriffes „Burnout“ im Wesentlichen auf unterschiedliche medizinischen Fachliteratur zurück. Wesentliches Element ist aber stets, dass das Burnoutsyndrom einen Zustand ausgesprochener körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung mit deutlich reduzierter Leistungsfähigkeit beschreibt (Quelle 2).

a) Präventionspflicht

Als anerkannte psychische Erkrankung liegt ein Großteil der Pflichten für den Arbeitgeber bereits in der Prävention. §§ 3, 4, 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) regeln hierzu, dass der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist zu gewährleisten, dass Arbeitnehmer bei ihrer Tätigkeit möglichst keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt werden. Unabhängig von der Größe des Betriebs wird der Arbeitgeber also zu Maßnahmen eines Gesundheitsmanagements verpflichtet.

Um diesen Pflichten gerecht werden zu können, muss der Arbeitgeber zuvor durch eine Gefährdungsbeurteilung mögliche Belastungsfaktoren erfassen und dokumentieren. Hat er dies getan, so hat er diesen Gefährdungen durch gezielte und geeignete Schutzmaßnahmen entgegenzuwirken.

Kommt ein Arbeitgeber der Pflicht zu Einleitung der Gefährdungsbeurteilung nicht nach, so steht dem Betriebsrat, so vorhanden, grundsätzlich ein eigenes Initiativrecht zu, wie er auch im Rahmen der Festlegung von Schutzmaßnahmen nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht hat.

Die Verpflichtung Präventionsmaßnahmen vorzunehmen trifft hierbei nicht nur den Arbeitgeber sondern auch den Arbeitnehmer. Sobald er einen erhebliche Überbelastung wahrnimmt, trifft ihn die Pflicht gemäß §§ 15, 16 ArbSchG seinen Arbeitgeber zu informieren, damit beide Seiten noch vor Eintritt eines Burnouts Gegenmaßnahmen einleiten können.

b) Bewältigungspflicht

Kommt es hingegen zum Eintritt des Burnoutsyndroms bei einem Arbeitnehmer, so stellen sich die Arbeitgeberpflichten wie bei jeder Erkrankung eines Arbeitnehmers dar. Neben der gesetzlichen Pflicht zur Entgeltfortzahlung ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX anzubieten, so der Arbeitnehmer ununterbrochen oder wiederholt für einen längeren Zeitraum als 6 Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig ist. Ziel dieser Maßnahme ist es, den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers leidensgerecht umzugestalten und zukünftige Ausfälle zu vermeiden.

Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers an der Mitwirkung des BEM besteht nicht. Er muss sich aber während seiner Krankheit arbeitsfördernd verhalten und dafür Sorge tragen, dass der Heilungsprozess vorangetrieben wird. Hierbei ist zu beachten, dass entgegen dem Umstand bei üblichen Erkrankungen gerade wohldosierte Freizeitaktivitäten dazu geeignet sein dürften, den Heilungsprozess voranzutreiben (Quelle 3).

Mögliche Folgen: Schadensersatzforderungen

Obwohl in Deutschland bisher kaum entschieden, so werden in anderen Ländern wie beispielsweise England erhebliche Schadensersatzforderungen wegen Stressbelastungen eingeklagt und zugesprochen, so ein Pflichtenverstoß des Arbeitgebers nachgewiesen werden kann. In Angleichung der Rechtsprechung zu den Mobbing-Fällen, in denen Arbeitgeber ihren Pflichten nicht nachgekommen sind, ist aber damit zu rechnen, dass auch in Deutschland Schadensersatzforderungen erfolgreich durchgesetzt werden können (Quelle 4).

Auf der anderen Seite besteht für den Arbeitnehmer die Gefahr seinen Arbeitsplatz aufgrund einer personenbedingten Kündigung zu verlieren, wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Liegen die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung vor und wirkt der Arbeitnehmer beim grundsätzlich freiwilligen BEM nicht mit, kann er sich im Rahmen der Interessenabwägung nur schwerlich darauf berufen, dass sein Interesse dem des Arbeitgebers überwiegt, wenn er nicht einmal dazu bereit war, an einer Beseitigung des Problems mitzuwirken. (Vgl. dazu auch https://www.gesundheitsmanagement24.de/seminare/krankheitsbedingte-fehlzeiten-und-arbeitsrecht/)

 


 

Fazit

Insbesondere im Hinblick auf die noch nicht entschiedene Problematik in Bezug auf die Ansprüche eines Arbeitnehmers auf Schadensersatz bietet sich ein weiter Spielraum für die Rechtsentwicklung. Andererseits bietet selbige Problematik auch einen weiten Spielraum für Missbrauchsfälle, die auch einen weitergehenden Schutz für Arbeitgeber rechtfertigen könnten. Schließlich sind die Erkennungsmerkmale gerade in der Anfangsphase in der Psyche des Betroffenen zu finden und werden meist nicht direkt offen nach außen kommuniziert.

Da für beide arbeitsvertraglichen Seiten in dem Burnoutsyndrom ein hohes Gefahrenpotential zu finden ist, erscheint als einzig sichere Prognose diejenige getroffen werden zu können, dass sich die Fälle, in denen sich das Bundesarbeitsgericht mit solchen Fällen zu befassen hat, in Zukunft deutlich mehren werden.

Es ist folglich gerade dem Arbeitgeber zu raten, frühzeitig Präventionsmaßnahmen wie das Gefährdungsmanagement zu treffen und sich auf diesem Wege gegen Entgeltzahlungen und möglichen Schadensersatzansprüchen abzusichern.

 


 

Entsprechende Seminare und Schulungen:

» Hier erfahren Sie mehr zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (PsyBel) »

» Hier geht es zu unserem Seminar Krankheitsbedingte Fehlzeiten & Arbeitsrecht – Fehlzeitenmanagement »

» Zu unserem Seminar Burnoutvermeidung im Unternehmen »

 


Autor: Stefan Nau, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei Segelken & Suchopar, UBGM-Referent für Betriebliches Eingliederungsmanagement

Telefon: 030-88719190

E-Mail: info@sesu.de


Quellen & Zitate:

(1) Ähnlich Kollmer/Klindt, ArbSchG, § 17 Rn. 127;

(2) So auch Andreas Mörcke, „Ich bin vollkommen ausgebrannt“ – Die „Volkskrankheit“ Burnout aus arbeitsrechtlicher Sicht, BC 2012, 122.;

(3) So auch Andreas Mörcke, „Ich bin vollkommen ausgebrannt“ – Die „Volkskrankheit“ Burnout aus arbeitsrechtlicher Sicht, BC 2012, 122.,

(4) So auch RA, FAArbR Jens Ginal, RA FAArbR Dr. Alexander Raif, Weitnauer Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater, Berlin, Das << Burn-Out-Syndrom >> – Präventions- und Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers, ArbRAktuell 2012, 472 ff.