Stressmanagement? – Das ist doch was für Weicheier!

Wie gestresst sind die Deutschen wirklich und was tun sie dagegen?

Versetzen wir uns einige tausend Jahre zurück – als der Mensch noch in Höhlen und der freien Natur lebte, diente die Stressreaktion des Körpers dazu, den Menschen zu schützen. Bei der Konfrontation mit einer potentiellen Gefahr schüttet der Körper vermehrt Adrenalin aus. Dadurch werden Energiereserven frei gesetzt und wir können uns entscheiden: Kampf oder Flucht? Die erhöhte Alarmbereitschaft im Körper ermöglicht schnelle Reaktionsfähigkeit und aktiviert Muskelkraft. Stress ist demnach eine ziemlich clevere Erfindung unseres Organismus. Aber die Stressreaktion zehrt auch an unseren Reserven und ist extrem anstrengend für den Menschen. Ein dauerhaft hoher Stresspegel macht krank.

Eine aktuelle Umfrage der Techniker Krankenkasse zur Stresslage der Nation (2016) zeigt, dass sechs von zehn Menschen ihr Leben als „stressig“ beschreiben. Dabei gibt jeder zweite Erwachsene an, mehr unter Druck zu stehen als noch vor einigen Jahren. Jeder fünfte Befragte gibt sogar an, unter Dauerdruck zu leiden. Die Grafik zeigt die Ergebnisse der forsa Umfrage, in der 1000 Männer und Frauen in Deutschland zu ihrem Stressempfinden befragt wurden.

Vielen Menschen in Deutschland scheinen die Belastungen des Alltags über den Kopf zu wachsen. Trotzdem trauen sich nur die wenigsten, aktiv an ihrer Stressbewältigungskompetenz zu arbeiten. Woran liegt das? Vielleicht sind es die gesellschaftlichen Erwartungen, die uns vermitteln: „Sei dauerhaft stark! Funktioniere! Sei perfekt!“. Um genauer zu verstehen, wie es zum Dauerdruck kommt, soll im folgenden Abschnitt aufgezeigt werden, welche Faktoren besonders ausschlaggebend für Stressreaktionen sind.

 


 

Was genau stresst uns im Leben?

Der Spagat zwischen Job, Familie, Hobbys und Freunden ist kein leichtes Spiel. Laut Umfragen zur Folge (TK, 2013; Die folgenden statistischen Bezugsgrößen beziehen sich auf die TK-Umfrage 2013.) nennen 47 Prozent der befragten Menschen den Beruf als Belastungsfaktor Nummer eins. Belastend wird es dann, wenn zu viel Arbeit getan werden muss, ein hoher Termindruck herrscht und häufige Störungen am Arbeitsplatz auftreten. Ständige Erreichbarkeit spielt laut der Umfrage nur eine untergeordnete Rolle. Auch Konflikte mit Kollegen oder dem Vorgesetzten sind aus Sicht der Befragten nicht entscheidend für den Dauerstress am Arbeitsplatz.

Frauen fühlen sich mit 63 Prozent häufiger gestresst als Männer (52%). Dies könnte darauf zurück zu führen sein, dass Frauen häufiger versuchen berufliche Karriere und Familie miteinander zu vereinen.

Betrachtet man den Stresspegel im Verlauf des Lebens, stellt sich heraus, dass besonders Menschen zwischen 36 und 45 Jahre unter erhöhtem Druck leiden. Dr. Baas von der TK bezeichnet diese Altersgruppe als Sandwich-Generation. In dieser Lebensphase ist die berufliche Entwicklung meist auf dem Höhepunkt, aber es stehen gleichzeitig Elternpflichten und Kinderfürsorge auf der Tagesordnung.

Neben der beruflichen Belastung als Stressfaktor werden „hohe Ansprüche an sich selbst“ von 41 Prozent aller Befragten als belastender Faktor angegeben. Danach folgen private Konflikte (34%). In Grafik 2 werden die drei wichtigsten Faktoren für Männer (blau), Frauen (rot) und die Gesamtstichprobe (beige) veranschaulicht. Dabei wurden die Angaben dann in die Berechnungen mit aufgenommen, wenn die Teilnehmer mindestens angegeben hatten „selten gestresst“ zu sein.

 


 

Die Stressdevise – Augen zu und durch!?

Die Zahlen sprechen für sich. Stress ist kein Ausnahmeproblem in Deutschland und betrifft sowohl junge als auch ältere Menschen – Männer gleichermaßen wie Frauen. Wie kann es sein, dass wir so wenig dagegen tun?

Auch hierzu hat die Umfrage der TK (2013) interessante Ergebnisse geliefert. Über die Hälfte aller Deutschen (59%) beschreiben sich selbst als „Durchhalter“. Stress wird zwar als belastend empfunden, aber es gilt die Devise: „Augen zu und durch!“. Weitere 17 Prozent geben an, mit Abwarten und Rückzug den Stress zu überwinden. Mit diesen Zahlen ist es nicht überraschend, dass Stressmanagement Seminare immer noch niedrige Teilnahmequoten berichten. Es scheint, als ob deutsche Arbeitnehmer in belastenden Situationen dazu tendieren, den Kopf in den Sand zu stecken anstatt neue Wege zur Stressbewältigung aktiv zu lernen. In Grafik 3 sehen wir die Verteilung der bevorzugten Coping Mechanismen der Befragten.

 


 

Wie kann ich Stress positiv nutzen?

Ein gewisser Anteil an Arbeitnehmern in Deutschland scheint jedoch zu wissen, wie sie Stress als Ansporn nutzen können (Grafik 3, „Losleger“, 17%). Kreativität fließt, Arbeit macht Spaß und Beschäftigte fühlen sich beflügelt durch den eigenen Tatendrang. Des Rätsels Lösung kennen wir alle – Dr. Baas von der TK beschreibt es mit der sogenannten Work-Life-Balance. Aber was genau heißt das? Und darüber hinaus, wie kann die Work-Life-Balance gelernt und gelebt werden? Welche Strategien helfen dabei ein Gleichgewicht zwischen beruflichen Verpflichtungen und privater Freizeit zu finden? Die folgende Checkliste soll Ihnen mit simplen Strategien helfen, Ihr eigenes individuelles Gleichgewicht aufzubauen. Verstehen Sie die Tipps als Inspiration für Ihr persönliches Stressmanagement.

 

Checkliste für mehr Gelassenheit

  1. Kennen Sie Ihre Prioritäten!
  2. Kein Multitasking – step by step.
  3. Kennen Sie ihr Ziel!
  4. Bewegen Sie sich – treiben Sie Sport!
  5. Ernähren Sie sich gesund!
  6. Trainieren Sie mental für mehr Entspannung!
  7. Achten Sie auf ausreichend Schlaf!
  8. Akzeptieren Sie das Unvermeidbare!
  9. Schieben Sie keine Dinge auf!
  10. Lachen Sie!

 


 

Fazit

Stressmanagement ist eine Lebensaufgabe. Es ist ein andauernder Prozess, die persönliche Work-Life-Balance zu finden und zu bewahren. Doch es gibt nützliche Strategien, die gelernt werden können. „Übung macht den Meiste“ – ein altbekanntes Sprichwort, was wohl nie an Bedeutung verlieren wird. Metanalysen von Bamberg und Busch (2002) konnten zeigen, dass mit Hilfe von Stressmanagementtrainings persönliche Ressourcen gestärkt werden können, psychische Beschwerden nachlassen und Stresssymptome nachweislich reduziert werden. Aust und Ducki (2004) erklären darüber hinaus, dass auch die Arbeitszufriedenheit signifikant durch Stressmanagementtrainings verbessert werden kann.

 


 

Seminare zum Thema:

» Hier finden Sie unser Stressmanagementseminar Leistung meistern! – Berufliches & persönliches Stressmanagement »

» Zu unserem Seminar Burnoutvermeidung im Unternehmen – Gefahren erkennen & vermeiden »

» Hier finden Sie unser Work-Life-Balance-Seminar »

Relevante Praxisleitfäden:

» Stressmanagement im Betrieb – Der Praxisleitfaden »

» Burnoutprävention – Der Praxisleitfaden »

» Work-Life-Balance – Leitfaden für Führungskräfte »

 

Autorin: Linda Marlen Leinweber, Psychologin für Arbeits- & Organisationspsychologie