Generationenmanagement – Hüter des Wissens motivieren

Deutschland altert und mit dem Land auch Arbeitnehmer in kleinen wie großen Unternehmen. Aber was ändert sich für Betriebe, wenn ein Großteil der Belegschaft 45+ ist und wie begegnen Personalabteilungen dem Wandel?

 

Der demografische Wandel ist in den Unternehmen angekommen

Der Fachkräftemangel ist ein oft besprochenes Thema: Woher die jungen Mitarbeiter bekommen, die den digitalen Wandel in den Betrieb bringen und mit den neuen Technologien bestens zurechtkommen? Aus dieser Perspektive wird aber eine Gruppe vergessen: Die alternde Bevölkerung, für die technische Neuerungen und der stetige Wandel der Arbeit 4.0 oftmals eine Herausforderung sind. Es ist ein Fakt: Es gibt immer weniger junge Menschen und es gibt immer mehr ältere Menschen. Zum einen ist dieser demografische Wandel auf niedrige Geburtenraten zurückzuführen, zum anderen auf die steigende Lebenserwartung. In ganz Europa stieg der Anteil der Menschen ab 65 Jahren von 17 Prozent in 2006 auf den vorläufigen Höchstwert von 19 Prozent in 2016 – in Deutschland liegt der Wert bereits bei über 21 Prozent.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sich mit dem Verbundvorhaben „Demographischer Wandel und die Zukunft der Erwerbsarbeit am Standort Deutschland“ insbesondere mit den Auswirkungen des demografischen Wandels in der Arbeitswelt beschäftigt. Hier ein paar Ergebnisse:

 

  • Menschen zwischen 50 und 64+ sind nicht weniger leistungsfähig als jüngere Mitarbeiter
  • Ältere Mitarbeiter haben vielmehr eine gewandelte Leistungsfähigkeit und es kommt zu einer Verschiebung der altersspezifischen Vorteile
  • Die Ursache für einen scheinbaren Abfall der Qualifikationen und gesundheitliche Einschränkungen liegen oft vielmehr in nicht mehr passenden Arbeitsbedingungen und Schwierigkeiten in den Lebensbedingungen. Diese können teilweise durch geeignete Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement und einem effektiven Generationenmanagement behoben werden.

 

In der nahen Zukunft werden Politik und Wissenschaft noch über weitergehende Fragen nachdenken müssen, die die Auswirkungen des demografischen Wandels im Arbeitsleben betreffen: Haben Arbeitnehmer 45+ wirklich Berührungsängste mit neuen Technologien und wirken diese als innovationsbremse? Oder ist die Lebens- und Berufserfahrung älterer Mitarbeiter nicht vielmehr ein Wissensschatz, den unternehmen als Innovationspool nutzen können? Und wie groß ist die Bereitschaft der älteren Belegschaft, zu lernen und sich weiterhin zu qualifizieren?

 


Alternde Belegschaft: Wie aus Nachteilen Vorteile werden

Bisher wird der demografische Wandel in Unternehmen zumeist als eine negative Entwicklung wahrgenommen. Es herrscht die Binsenwahrheit, dass ältere Menschen nicht mehr so leistungsfähig sind und damit die Produktion hemmen. Das entspricht aber nicht der Wahrheit – vielmehr zählen im fortschreitenden Alter andere Werte. Natürlich sind junge Mitarbeiter vermehrt zackiger und pflegen eine andere Kommunikation und Unternehmensphilosophie: Flache Hierarchien, schnelle Kommunikationswege und digitalunterstütztes Arbeiten sind einige der Aspekte, die der jungen Generation nachgesagt werden. Die Alten sind abgehängt, motivationslos und kommen mit den Jungen nicht mehr mit – das muss nicht sein.

 

a. Ältere Mitarbeiter sind motiviert 

Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat Unternehmen befragt, die Menschen ab 50 Jahren eingestellt haben. Dabei gaben 97 Prozent der Befragten an, dass die neuen Mitarbeiter motiviert und sorgfältig in ihrer Tätigkeit (90 Prozent) gewesen seien, 93 Prozent waren an einer längerfristigen Beschäftigung interessiert. Entgegen der allgemeinen Annahme, dass Alt und Jung nicht miteinander können, integrierten sich laut den befragten Unternehmen 90 Prozent der Mitarbeiter gut in das bestehende Team.

 

 


 

b. Der Spill-over-Effekt im Alter

Für eine bisher unveröffentlichte Studie untersuchte die staatliche Förderbank „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KfW) die Produktivität in Unternehmen. Dafür nutzte sie die Daten des KfW-Mittelstandspanels 2017. In Branchen wie der Baubranche und im Dienstleistungssektor kann es durchaus zu einer Minderung der Produktivität durch ältere Mitarbeiter kommen, in der Industrie und im Handel lässt sich genau das Gegenteil beobachten. Das ist unter anderem auf den sogenannten Spill-over-Effekt zurückzuführen. Dieser besagt, dass zwar die kognitiven und körperlichen Fähigkeiten mit steigendem Alter nachlassen, aber durch andere positive Befähigungen ausgeglichen werden.

 


 

Anders ausgedrückt:

Junge Mitarbeiter sind engagiert, motiviert und enorm leistungsfähig – ihnen fehlt aber die Erfahrung. Mit einem optimalen Generationenmanagement können Unternehmen sicherstellen, dass

  1. ältere Mitarbeiter nicht den Anschluss verlieren und entsprechend ihrer Fähigkeiten im Unternehmen eingesetzt werden, und
  2. der wichtige Wissensbestand, den Mitarbeiter über eine jahrelange Tätigkeit im Unternehmen angesammelt haben, nicht verloren geht.

In der KfW-Studie hat sich außerdem gezeigt, dass mit einem Mix der verschiedenen Altersgruppen die Produktivität gesteigert werden kann: Während die jungen Mitarbeiter äußerst produktiv arbeiten können, weisen ältere Mitarbeiter auf Fehler oder Verbesserungsmöglichkeiten hin – durch dieses generationenübergreifende Miteinander geben alle ihre besten Fähigkeiten in den Fortschritt des Unternehmens.

 


Mit Generationenmanagement den Prozess begleiten

In jedem Unternehmen, das den Spagat zwischen jungen Fachkräften und älteren Mitarbeitern absolvieren muss, kann ein Generationenmanagement zum Gelingen beitragen. Die verschiedenen Mittel des Generationenmanagements unterstützen die altersübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit im Team und können das Wohlbefinden sowie die Produktivität im Unternehmen steigern.

 

Hier sind einige wichtige Faktoren des Generationenmanagements:

 

Offene Mitarbeiterkultur

Damit Mitarbeiter aller Generationen miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam bestehende Konflikte reflektieren, muss das Unternehmen eine Gesprächskultur schaffen, in der sich alle wohl und aufgenommen fühlen. Es muss allen Arbeitnehmern möglich sein, sich an dem Wandel, den das Generationenmanagement mit sich bringt, zu beteiligen. Neben gemeinsamen Workshops können computergestützte, anonyme Befragungen dabei helfen, die Stimmung und Probleme in der Belegschaft zu analysieren.

Arbeitspolitische Rahmenbedingungen gestalten

Ist das Konfliktpotenzial im Unternehmen bzw. einzelnen Abteilungen definiert, müssen im Rahmen des Generationenmanagements Maßnahmen getroffen werden. Die Maßnahmen können Themen wie Kommunikation, Arbeitszeiten, Aufgabenbereiche, Digitalisierung, Zeitmanagement oder auch Vereinbarkeit von Beruf und Pflege betreffen.

Lebenslange Leistungsfähigkeit fördern

Besonders wichtig ist auch ein funktionierendes Betriebliches Gesundheitsmanagement. Möchte man, dass ältere Mitarbeiter nicht den Anschluss verlieren, muss man ihnen die Möglichkeit geben, körperlich wie geistig fit zu bleiben. Das umfasst auch die Lernfitness.

Lernfitness

Neben den klassischen Elementen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements gehört die Förderung der Lernfitness zu den wichtigsten Methoden, ältere Mitarbeiter zu unterstützen. Sie umfasst die drei Ebenen „Lerntechniken“, „Lernkontrolle“ und „Lernorientierung“. Vor allem Mitarbeiter 50+ sind oft der Meinung, dass sie mit innovativen Technologien und anderen Neuerungen im Unternehmen nicht mehr mithalten können. In Workshops und Seminaren lernen Mitarbeiter, wie lebenslanges Lernen funktionieren kann.

Gesund führen III – Hüter des Wissens – Generationenmanagement

 

Das Gesamtpaket macht die Wirkung eines gelungenen Generationenmanagements aus. Voraussetzung für ein Ineinandergreifen aller Instrumente ist die Veränderungsbereitschaft aller Mitarbeiter und im besonderen der Führungskräfte, die auch mit Veränderungen in der Unternehmensstruktur rechnen müssen. Als Motivationsschub bietet es sich an, ein Seminar zu besuchen, in dem das große Potential von älteren Arbeitnehmern herausgearbeitet und verschiedene Instrumente und praktische Handlungsempfehlungen vorgestellt werden.

 


Weiterführende Informationen:

 

Ergebnisse des Verbundvorhabens „Demographischer Wandel und die Zukunft der Erwerbsarbeit am Standort Deutschland“

mehr hierzu

 

Spill-over-Effekt bei Produktivität von Mitarbeitern 45+:

mehr hierzu

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