Positive Psychologie & Burnout-Prävention – im Flow arbeiten ohne auszubrennen

2014 wurden 74 Krankheitstage pro 100 Versicherte in Deutschland durch das Burnout-Syndrom verursacht. Da das Burnout-Syndrom jedoch keine bestimmte Kennzeichnungen im ICD (International Statistical Classification of Diseases) hat, übersteigt die Realität diese Zahlen wahrscheinlich bei Weitem (statista, 2016). Im Zeitraum 2004 bis 2011 ist die Anzahl an Krankschreibungen wegen Burnout laut Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK, 2012) um 700 % gestiegen. Häufig wird ein Burnout dabei im Zusammenhang mit einer Depression diagnostiziert.

 


 

Definition: Burnout

Der Begriff Burnout wurde erstmals von dem Psychoanalytiker H.J. Freudenberger verwendet, im Bezug auf Menschen, die sich müde, überfordert und lustlos fühlen. Heute spricht man meist von emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung und verminderter Leistungsbewertung. Weitere Symptome, die oft mit einem Burnout in Verbindung stehen, sind körperliche Erschöpfung, Müdigkeit, vermindertes Einfühlungsvermögen, Frustration, Gleichgültigkeit, Schlafstörungen und das Gefühl von Wertlosigkeit und Versagen (Nil et al, 2010). Dies führt häufig in eine Abwärtsspirale, in der der Mensch mehr an sein eigenes Versagen als an sein Können glaubt und dadurch dann tatsächlich versagt.

 


 

Die maslowsche Bedürfnis-Pyramide

Dabei kann die Einstellung und Ziel formuliert schon eine zentrale Rolle spielen. Wenn Mitarbeiter A in ein Projekt geht und sich als Ziel setzt, dieses Projekt zu meistern, wohingegen Mitarbeiter B sich als Ziel setzt, nicht zu versagen, hat schon diese Formulierung der Zielsetzung einen Einfluss darauf, mit welchen Emotionen die Kollegen das Projekt beginnen und dies hat wiederum einen Einfluss auf ihre kognitiven Fähigkeiten. Mitarbeiter A legt seinen Fokus auf Erfolg wohingegen Mitarbeiter B die Situation mit Angst verbindet. Wie die meisten wahrscheinlich schon einmal erfahren haben hemmt Angst uns jedoch eher, als dass sie uns vorantreibt (Brandstätter, Schüler, Puca & Loza, 2013).

 


Albert Maslow sagte, “The story of the human race is the story of men and women selling themselves short.”


 

Maslow war Psychologe und einer der ersten seiner Zeit, der sich mit Glück und Optimismus und deren Auswirkung auf die menschliche Psyche auseinandersetzte.

Heute ist er bei vielen für seine Pyramide der Bedürfnishierarchie (s. Abb. 1) bekannt, mit der er darstellt, was die Menschen motiviert mehr zu leisten und welche Bedürfnisse befriedigt sein müssen, um sich der Befriedigung der nächst höheren Bedürfnisse zu widmen. Diese Pyramide lässt sich auch darauf übertragen, was dem Menschen in seiner Arbeit wirklich wichtig ist. Bemerkenswert daran ist, dass die reine Befriedigung von physiologischen Bedürfnissen, wie Schlaf, Hunger oder Sexualität nicht zur Zufriedenheit führt. Zur höchsten Stufe an Zufriedenheit führen nur die Befriedigung von Individualbedürfnissen und Selbstverwirklichung.

 


 

Positive Psychologie – Was ist das?

Maslow entwickelte diesen Ansatz 1954 unter dem Namen „Positive Psychologie“. Der Begriff und die dazugehörigen Theorien wurden in den 1990er Jahren von dem US-amerikanischen Psychologen Martin E.P. Seligman wieder aufgenommen und weiterentwickelt.

 

Nach heutiger Definition liegt der Fokus der positiven Psychologie auf Wohlbefinden, Optimismus, Glücksgefühl und Selbstbestimmung. Das Ziel ist es, die Welt aus einer andern, positiven Perspektive zu betrachten (Seligman & Csikszentmihalyi, 2000). Ein einfaches Beispiel hierfür ist wohl die bekannte Frage, ob man ein Glas als halb voll oder als halb leer bezeichnet. Der Burnout Patient würde vermutlich – pessimistisch – sagen, dass es halb leer ist. Das langfristige Ziel sollte jedoch sein, dass der Patient seine Betrachtungsweise ändert und es – optimistisch – als halb voll ansieht.

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„Glückstagebuch“ & Komplimente zur Burnout-Prävention

Burnout-Patienten oder Menschen mit dem Risiko an einem Burnout zu erkranken, sollten also idealerweise ihren Fokus auf die Dinge legen, die positiv verlaufen und daraus die Kraft gewinnen, um auch mit Problemen umgehen zu können.

 

Eine Strategie, um eine solche Verschiebung des persönlichen Fokus zu erreichen, kann das Führen eines „Glückstagebuches“ sein. In diesem Tagebuch schreibt die Person jeden Tag drei Dinge auf, die sie als positiv empfunden hat. Dies können Kleinigkeiten sein wie ein Kaffee in der Sonne oder ein Gespräch mit Freunden. Durch das Nachdenken über die positiven Dinge beginnt die Person zu realisieren, dass nicht alles so negativ ist wie gedacht, sondern dass ihr Tag auch durchaus viele positive Momente hat.

 

Diese Methode ist ein Beispiel für den Umgang mit Burnout bei Einzelpersonen. Strategien wie diese zeigen viel Erfolg bei der Therapie von Depressionen und Angst. Dass positive Psychologie aber auch einen Einfluss auf Gruppen haben kann, zeigt der Lehrer Christian Ulmer, dessen Video 2015 um die Welt ging. Ulmer ist Lehrer an einer Sonderschule in Florida und bevor er mit dem Unterricht startet, macht er jedem seiner Schüler ein Kompliment. Die Auswirkungen dieser kleinen Maßnahme sind groß. Schon nach wenigen Wochen sah Ulmer, dass sich die Leistungen der meisten Schüler steigerten. Darüber hinaus veränderte sich auch der Umgang der Kinder miteinander. Nach wenigen Wochen unterstützen sie sich gegenseitig mehr und begannen damit, sich auch gegenseitig zu loben. Ulmer zeigte so, wie sich die Verschiebung des Fokus auf Positives auf die Motivation und den gegenseitigen Umgang von Gruppen auswirken kann.

 

Solche positiven Formen des Miteinanders können auch bei Stress und Burnout am Arbeitsplatz sehr wichtig sein. Oft fühlen sich Mitarbeiter gestresst durch den Konkurrenzdruck untereinander oder durch angespannte Beziehungen mit ihren Kollegen (Onciul, 1996). Wenn sich diese Beziehungen verbessern, kann das eine positive Auswirkung auf das Arbeitsumfeld haben und somit zur Stressreduzierung beitragen. Laut einer Studie von Froman (2010) ist es wichtig, den Fokus in Teams auf Stärken, Hoffnung, Optimismus, Selbstbewusstsein, Selbstmotivation, Ausdauer, Freude und Dank zu richten. Viele dieser Aspekte finden wir auch bei Ulmer wieder.

 


 

Arbeiten im Flow

Die Fokussierung auf individuelle Stärken ist hierbei besonders wichtig. Sobald wir im Bereich unserer Stärken arbeiten, kommen wir in eine Art positiven Flow. Wenn zum Beispiel jemand mit einer mathematischen Stärke eine Formel entwickelt, kann er von dieser Aufgabe so gefesselt sein, dass er die Zeit vergisst und gar nicht erst in die Situation kommt an etwas Negatives zu denken (Seligman, 2014).

 

Eine Studie von Losada und Heaphy (2004) beschreibt, dass die Werte, die Maslow in seiner Bedürfnis-Pyramide zeigt, eine wichtige Rolle für die Leistungsfähigkeit spielen und für besseres Arbeitsklima und Wohlbefinden am Arbeitsplatz sorgen können.

 


 

Sicherheit – Eines der wichtigsten Grundbedürfnisse

Im Folgenden werden kurz einige Beispiele dargestellt, wie Unternehmen dafür sorgen können, dass die verschiedenen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter nach der maslowschen Pyramide befriedigt werden können. Der erste Schritt ist hierbei die Befriedigung eines grundsätzlichen Sicherheitsbedürfnisses. Menschen, die einen befristeten Arbeitsvertrag haben, sind möglicherweise dauerhaft in einer unsicheren Situation und jeden Tag mehr Druck und Stress ausgesetzt als ihre unbefristeten Kollegen. Ihr Sicherheitsbedürfnis ist nicht befriedigt, sodass sie die nächst höheren Bedürfnishierarchie-Ebenen womöglich gar nicht erreichen können und sich dauerhaft in einer unzufriedenen Position befinden. Ein Betrieb verbessert also sein Arbeitsklima sehr, wenn er möglichst wenige Angestellte mit befristeten Verträgen beschäftigt.

 

Die Befriedigung sozialer Bedürfnisse ist für viele Menschen an Spaß und Freude geknüpft. Laut Fromans Studie sind auch solche individuellen positiven Erlebnisse Teil der Positiven Psychologie. Schon durch kleine Veränderungen kann ein Betrieb erreichen, dass seine Angestellten mehr positive Erlebnissen im Arbeitsalltag haben, zum Beispiel in dem er eine Tischtennisplatte oder Tisch-Kicker aufstellt, an der die Leute vor oder nach der Mittagspause 5-10 Minuten miteinander spielen und dadurch miteinander Spaß haben.

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Selbstverwirklichung & Entscheidungsspielräume

Ganz oben in Maslows Pyramide steht die Selbstverwirklichung. Diese können Unternehmen fördern, indem sie Mitarbeiter während Teamarbeiten mehr in Entscheidungen und Entscheidungsfindungen einbeziehen. Zusätzlich können die Zusammenarbeit mit Mentoren und gute Verbindungen zu Vorgesetzten eine wichtige Rolle spielen. Wenn Mitarbeiter regelmäßig in ihren Aufgaben gefordert werden, sind sie grundsätzlich motivierter. Dazu ist es wichtig, dass die Vorgesetzten die Aufgabenstellungen regelmäßig anpassen und am besten sogar Schritt für Schritt mehr Verantwortung abgeben als Zeichen von Wertschätzung, Lob und Anerkennung. Dies erfordert eine hohe emotionale Intelligenz, die durch Workshops und Trainings gestärkt werden kann. Den eigenen Mitarbeitern Aufstiegschancen zu bieten, anstatt immer wieder neue Führungskräfte einzustellen, gibt ihnen das Gefühl sich selbst im Unternehmen verwirklichen zu können, einen wichtigen Teil zum Unternehmenserfolg beitragen zu können und so die oberste Stufe der maslowschen Bedürfnis-Pyramide zu erreichen.

 


 

Fazit

Ein Unternehmen, das mit Positiver Psychologie arbeitet, kann also das Arbeitsklima und die Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter verbessern und deren Risiko für Burnout-Erkrankungen verringern. Hierzu ist wichtig, dass Mitarbeiter gefördert werden und die Möglichkeit haben, alle Bedürfnisebenen der maslowschen Pyramide zu befriedigen.

Eines sollte man bei aller Positiven Psychologie allerdings nicht verwechseln. Es ist nicht die Aufgabe der Betriebes oder des Chefs die Mitarbeiter glücklich zu machen – das kann und muss jeder für sich selbst tun.

Optimismus, Hoffnung, Freude, Stärken, Selbstbewusstsein, Selbstmotivation, Ausdauer, und Dank sollten im Unternehmen großgeschrieben sein und das Miteinander von Mitarbeitern untereinander und mit ihren Vorgesetzten bestimmen.

 

Autorin: Von Lisa Jakobi, Young-Health-Experts-Programm

 


 

Quellenverzeichnis:

 

  1. ABCnews, (2015). Florida Teacher Starts Each Day Complimenting Students One by One. Aufgerufen via: https://www.youtube.com/watch?v=5ZXNqraH2Og 10.9.2015 18:46
  1. Bundes Psychotherapeuten Kammer. (2012). BPtK-Studie zur Arbeitsunfähigkeit

Psychische Erkrankungen und Burnout. Berlin, BPtK.

  1. Brandstätter, V.. Schüler, J., Puca, R.M., Lozo, L. (2013). Motivation und Emotion: Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin, Springer.
  1. Froman, L. (2010). Positive Psychology in the Workplace. J Adult Dev 17, 59–69.
  1. Guttmann,P. (2012). Bedürfnishierarchie, Wikimedia Commons. Aufgerufen via: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Einfache_Bedürfnishierarchie_nach_Maslow.svg am 10.9.2016, 15:55.
  1. Losada, M., & Heaphy, E. (2004). The role of positivity and connectivity in the performance of business teams. American Behavioral Scientist, 47, 740–765.
  1. Maslow, A. (n.d.). BrainyQuote.com. Aufgerufen 10.9.2016, 17:59 via: http://www.brainyquote.com/quotes/quotes/a/abrahammas179914.html am 10.9.2016, 17:59
  1. Nil, R., Jacobshagen, N., Schächinger, H., Baumann, P., Höck, P., Hättenschwiler, J., Ramseier, F., Seifritz, E, & Holboer-Trachsler, E. (2010). Burnout – an analysis of the status quo. Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie, 161(2),72–7.
  1. Seligman, M. & Csikszentmihalyi, M. (2000). Positive Psychology: An Introduction. American Psychologist, 55(1), 5-14.
  1. Seligman, M. (TEDtalk). (Februar 2014), The new era of positive psychology. Aufgerufen via: https://www.ted.com/talks/martin_seligman_on_the_state_of_psychology?language=de#t-841730 am 10.9.2016, 18:19.
  1. Statista Das Statistik-Portal (2014). Krankheitstage durch das Burn-out-Syndrom in Deutschland nach Geschlecht in den Jahren 2004 bis 2014 (AU-Tage je 1.000 Versicherter).

Aufgerufen via http://de.statista.com/statistik/daten/studie/189542/umfrage/anzahl-der-krankheitstage-durch-das-burnout-syndrom-seit-2004/ am 10.9.2016, 15:59.

  1. Von Onciul, J. (1996). Stress at Work. BMJ, 313, 745-748.
  1. Youssef, C.M. & Luthans, F. (2007). Positive Organizational Behavior in the Workplace: The Impact of Hope, Optimism, and Resilience. Management Department Faculty Publications. Paper 36.