Schichtarbeit und Gesundheit – Gesunde Schichtarbeit fördern

Die gesundheitlichen Auswirkungen sind von bestimmten Faktoren abhängig. Wie regelmäßig können die Mahlzeiten eingenommen werden? Kann morgens bis mindestens 6:30 Uhr geschlafen werden? Ist die Arbeit spätestens um 20:00 Uhr beendet? Auch die Temperaturen und Lichtverhältnisse auf der Arbeit können die Motivation und Konstitution eines Menschen beeinflussen. Folgende Symptome oder Krankheiten können dadurch auftreten:

• Störung des biologischen Tag- und Nacht-Rhythmus
• Typ-2 Diabetes
• Herz- und Kreislauf Erkrankungen
• Probleme bei der Verdauung
• Mangel an Vitamin D (wegen fehlendem Sonnenlicht)
• Depressionen
• Essstörungen
• Nervosität
• Abgeschlagenheit
• Magenbeschwerden
• Schlafstörungen

Besonders die Schlafstörungen bereiten den Schichtarbeitern starke Probleme. Zudem gibt es eine erhöhte Unfallneigung, welche zu Verletzungen oder schwerwiegenden Schäden führen können. Beispiele gibt es dafür zur Genüge. Der Reaktorunfall in Tschernobyl, der verunglückte Öltanker Exxon Valdez, die Beschädigung an der Costa Concordia mit anschließender Havarie, sowie der Kernschmelzunfall beim Kraftwerk Three Mile Island in Pennsylvania ereigneten sich während der Spät- oder Nachtschicht.

 


Wie die „innere Uhr“ unser Leben diktiert

Menschen bekommen zu einer bestimmten Zeit Hunger, sie werden müde und haben einen inneren Rhythmus. All diese biologischen Muster sind sehr stark und die Helligkeit und Temperatur gebunden. Diese sorgen für die Steuerung eines ausgeglichenen Bio-Rhythmus des menschlichen Körpers. Schichtarbeiten können diesen durcheinander bringen.

Besonders Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt und Schlafstörungen, welche häufig zu chronischen Leiden werden, sind die Folge. Beide Erkrankungsbereiche sind auf den unsteten Rhythmus des Körpers zurückzuführen. Das Leben wird gegen den Rhythmus der „inneren Uhr“ geführt. Entgegen aller Annahmen kann sich der Körper auch nicht dauerhaft an diesen Zeitplan anpassen. Dafür ist der Schichtwechsel mit seinen regelmäßig veränderten Arbeitszeiten nicht geeignet. Mitarbeiter berichten, dass Kollegen, die den Schichtdienst aus z.B. gesundheitlichen Gründen verlassen müssen, schon wenige Monate später bis zu 10 Jahre jünger aussehen. Es besteht also Handlungsbedarf.

Es gibt Menschen, die erlangen ihre größte Leistungsbereitschaft am Morgen und andere arbeiten am Nachmittag oder Abend am effektivsten. Nicht umsonst wird häufig von Morgenmenschen und Morgenmuffeln oder Lerchen und Eulen gesprochen. Was hierbei auffällig ist, dass niemand seine produktivste Phase in der Nacht erlebt.

 


Wie genau tickt die „innere Uhr“? – Körperliche Reaktionen

 

6 Uhr – Der Körper beginnt mehr Sauerstoff aufzunehmen. Blutdruck und Herzschlag beschleunigen. Die Muskulatur wird besser durchblutet. Der Körper sagt: Aufstehen!

9 Uhr – Der Kreislauf ist auf Hochtouren. Dies gilt auch für die Leistungsfähigkeit des Menschen. Diese liegt hier um 40 % über dem Tagesdurchschnitt.

12 Uhr – Zwei Stunden lang wird eine größere Menge an Magensäure produziert. Dies bedeutet, dass es die perfekte Tageszeit ist, um etwas zu essen. Im Anschluss ist die Verdauung beschäftigt. Dies wirkt sich negativ auf die Arbeitseffektivität aus. Somit ist diese Zeit z.B. der perfekte Zeitpunkt für eine Pause.

14 Uhr – Hier beginnt das nächste Hoch des Tages, welches bis zu 20 Uhr anhalten kann. Mit einer um 10 % erhöhten Leistungsfähigkeit ist es mit der erhöhten Arbeitsleistung am frühen Morgen jedoch nicht zu vergleichen.

20 Uhr – Der Blutdruck sinkt, die Atmung verlangsamt sich, der Körper verlangt nach Ruhe. Spätestens um diese Uhrzeit wäre es aus biologischer Sicht Zeit für den Feierabend.

22 Uhr – Die Körperfunktionen werden vom Körper weiter nach unten reguliert. Die Leistungsfähigkeit fällt immer weiter unter den Tagesdurchschnitt. Daher sollte die regelmäßige Einschlafzeit bei normalem Tagesrhythmus auch zwischen 22 und 24 Uhr fallen.

3 Uhr – Die Körperfunktionen sind auf ein Mindestmaß heruntergefahren. Die Frequenz des Herzschlages ist nur noch halb so hoch im Vergleich zum Tag. Das gilt auch bei Schichtarbeitern in der Nachtschicht. Ohne großen Unterschied ob wir wach sind oder schlafen, denn der Körper befinden sich jetzt im Schlaf-Modus.

6 Uhr – Der nächste Tag beginnt.

Die Leistungsfähigkeit in der Frühschicht wird von den meisten Mitarbeitern am besten eingeschätzt. Dies entspricht auch der biologischen Leistungskurve. Während der Nachtschicht sinkt die Produktivität auf das Mindestmaß.

 


Gesundheit und Leistungsfähigkeit auch während der Schichtarbeit erhalten

Trotz der negativen Auswirkungen ist die Schichtarbeit in vielen Branchen unersetzbar. Ärzte und Pflegepersonal können nicht nachts ihre Tätigkeit einstellen. Die Kosten in diversen Branchen wären immens hoch, wenn z.B. Produktionslinien gestoppt oder Arbeitsabläufe unterbrochen werden müssten. Die Auswirkungen der Schichtarbeit lassen sich zwar nicht komplett beseitigen aber auf jeden Fall positiv beeinflussen.

Maßnahmen zur Verbesserung der Auswirkungen von Schichtarbeit:

Positives Denken: Dieses Prinzip scheint banal. So wurde wissenschaftlich in einer Studie mit Polizeibeamten belegt (Schweflinghaus, 1990), dass Beamte mit einer positiven Einstellung zum Schichtdienst weniger Magen-Darm-Beschwerden hatten und weniger gestörten Schlaf nach der Nachtschicht hatten. Wer sich mit der Schichtarbeit identifiziert und deswegen nicht ständig schlecht gelaunt ist, der hat also mit geringeren Auswirkungen zu kämpfen.

Schichtplan-Optimierung: Beim Schichtsystem gibt es so viele Variablen, dass kaum eine Empfehlung ausgesprochen werden kann. Es muss auf die besonderen Bedürfnisse des Betriebes und der Mitarbeiter eingegangen werden, um die Schichtarbeit so angenehm wie möglich zu gestalten. So haben sich in vielen Untersuchungen, jedoch Schichtmodell mit kurzen Wechseln als am „gesündesten“ erwiesen.

Gesunde Gestaltung der Schichtarbeit – Gesundheitsorientierte und demografiegerechte Schichtmodelle

Maximal drei Nachtschichten: Eine Gewöhnung an die Nachtschicht findet nicht statt. Daher sollte die Zyklusdauer auf maximal drei Nachtschichten beschränkt sein. Zudem sollte eine 24-stündige Ruhezeit nach der Nachtschicht möglich sein.

Freizeitausgleich für Mehrbelastung: Die Schichtarbeit wird meist besser vergütet. Es gibt Nachtzuschläge, um den Einsatz der Mitarbeiter zu honorieren. Dabei wäre ein Ausgleich in Form von einer erhöhten Freizeit für die Gesundheit jedoch die bessere Lösung.

Vorwärtsrotation einführen: Wo es möglich ist, sollte die Schicht nach vorne rotieren. Von Früh- zur Spätschicht und von der Spät- zur Nachtschicht. Dabei sollte die Frühschicht am besten nicht schon zwischen vier und fünf Uhr beginnen. Zu dieser Zeit befinden sich auch Schichtarbeiter meist mitten in einer Tiefschlafphase.

Schichtdauer reduzieren: Wenn die Arbeitsbelastung sehr groß ist, sollte die Arbeitszeit im Gegenzug verringert werden.

Aufgaben in der Nachtschicht „entschärfen“: So organisieren viele Unternehmen die Arbeitsaufgaben so, dass die „leichteren“ Aufgaben in der Nachtschicht erledigt und schwerere oder Arbeiten die eine hohe Konzentration verlangen, in der Tagesschicht bearbeitet werden.

 


Fazit

Als Fazit ist zu sagen, dass sowohl der Schichtarbeiter selbst, z.B. durch regelmäßige betriebsärztliche Untersuchungen und einen gesunden Lebensstil auf seine Gesundheit achten sollte und das Unternehmen durch eine möglichst gesundheitsschonende Organisation der Arbeitsabläufe und –prozesse die Gesundheit und Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter dauerhaft und nachhaltig positiv beeinflussen kann.

 


Mehr Links zum Thema finden Sie hier:

» Informationen zu unserem Seminar „Gesund in der Schichtarbeit“ »

» Informationen zu unserem Seminar „Gesunde Gestaltung der Schichtarbeit“ »

» Seminare, Trainings, Workshops & Schulungen für ein adäquates Stressmanagement »

» Informationen zum Thema (Work)-Life-Balance im entsprechenden Praxisleitfaden »

» Der Praxisleitfaden zum Thema Burnoutprävention »


 

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