Jetzt ist die Zeit der Veränderungen. Die Corona Pandemie nimmt in kürzester Zeit einen starken Einfluss auf unser öffentliches und privates Leben. Wir sind in eine Situation versetzt worden in der sich unsere Strukturen, Abläufe und Emotionen automatisch verschieben.
Dieser Wandel nimmt einen großen Einfluss auf die Rhythmen, an die wir uns gewöhnt haben und die zu unserem Leben passen. Unsere gesundheitsbezogenen Aktivitäten, wie unsere Bewegung, die Ernährung und der Schlaf bekommen einen neuen Rahmen. Wann stehe ich auf, wann und was esse ich, wann und wie arbeite ich, wann und wie treibe ich Sport und wie schlafe ich?
Schlaf ist system-relevant
Der Schlaf ist das Element, das unsere physischen und psychischen Abläufe in Einklang hält und sie Stabilität, und das jede Nacht. Mechanismen werden aktiviert, die uns am Tag Kraft, Gesundheit, Freude und letztendlich Zufriedenheit geben.
Eine aktuelle Studie zeigt, dass Menschen, die in den Nächten zuvor schlecht geschlafen haben, bei einem viralen Infekt eine schlechtere Immunabwehr zeigen. Das ist nur einer von vielen positiven und notwendigen Effekten von Schlaf, die gerade jetzt wichtig sind.
Auch schon vor der Corona Zeit haben 40% der Deutschen geäußert, dass sie Probleme mit dem Schlaf haben. Das Phänomen ist also nicht neu. Jetzt kommt hinzu, dass uns die Veränderungen vor neue Aufgaben stellen und die meisten Menschen nicht wirklich wissen wie sie reagieren können. Es fehlt das nötige Wissen und die Motivation sich mit dem Schlaf zu beschäftigen und konkret zu handeln.
Die Wissenschaft hat über Jahre eindeutig dargestellt wie wichtig der Schlaf ist. Neben der Ernährung und der Bewegung ist er das wichtigste Element für unsere Gesundheit. Vielleicht ist er sogar das wichtigste. Das zeigt sich gerade jetzt in den Zeiten der Corona Krise.
Was kann jeder also tun und welches Wissen ist jetzt wichtig, und welche grundsätzlichen Verhaltensweisen helfen den Schlaf stabil zu halten, damit wir jetzt nicht in eine nachhaltige Spirale mit Schlafstörungen zu rutschen.
Schlafen und Home-Office: Heraus aus der Gewohnheit und hinein in gesunden Schlaf
Schlafhygiene ist in den letzten Jahren ein überaus populäres Thema geworden, was nicht zuletzt dem desolaten Zustand diesbezüglich in den westlichen Leistungsgesellschaften geschuldet ist. Untersuchungen in Deutschland deuten darauf hin, daß zwei Drittel aller Erwerbstätigen Schlafprobleme haben. Entweder sie schlafen nicht gut ein oder sie erwachen nachts und finden dann nicht in den Schlaf zurück. Der schlechte Schlaf ist zur Gewohnheit geworden.
Die Corona-Krise bereitet vielen Menschen Sorgen und ist damit auch kein Ruhekissen für guten Schlaf. Es heißt vielmehr sich umzustellen. An erster Stelle steht die Vereinbarung von familiären und beruflichen Ansprüchen. Wie konzentriert man sich auf den Kunden, wenn im Nebenzimmer Kinder toben oder das Mittagessen auf dem Herd brutzelt? Hinzu kommt ein hoher Weiterbildungsbedarf bezüglich Online-Arbeit. Gerade ältere Mitarbeiter besitzen häufig keine angeborene Affinität zu Internet und Co und fühlen sich schnell überfordert. An dritter Stelle kommt der Verlust einer natürlichen Tages- und Arbeitsstruktur. Selbstdisziplin ist gefragt, um früh morgens ins Home-Office zu gehen. Pausen einzuhalten fällt schwer. Am Abend nicht noch den vierten Teil der faszinierenden Serie auf Netflix zu schauen, strapaziert die Selbstkontrolle erneut. So kann es leicht passieren, daß eingeübte Schlaf- und Wachrhythmen aus dem Gleichgewicht geraten.
Sorgen – Der Schlaf-Killer Nr. 1
Der Schlafkiller Nummer Eins waren auch in Nicht-Krisen-Zeiten die Sorgen. Der Virus ist hierfür das ideale Konjunkturprogramm. Keiner weiß genau, wie es mit der Wirtschaft weitergeht. Niemand kann sagen, wann es wieder möglich sein, Oma und Opa zu besuchen, zu verreisen oder am Wochenende Tanzen zu gehen. Die große Herausforderung in der Corona-Krise lautet Chaos und Sorgenturbo in den Griff zu bekommen, um trotz aller Belastungen gut schlafen zu können.
Damit das gelingt, sollte man soweit möglich, seinen gewohnten Tag- und Nachtrhythmus beibehalten, auch wenn es dafür nicht mehr die strikten Grenzen gibt, die ein normaler Arbeitsalltag bietet.Ideal ist es, den Wecker auf den gleichen Zeitpunkt zu stellen wie auch vor der Krise und pünktlich im Home-Office zu beginnen. Wer es sich zutraut kann aber auch experimentieren. Vielleicht war man bisher in seinem Biorhythmus überfordert. Wer eine „Nachteule“ ist und immer um 8.00 morgens im Büro antreten mußte hat nun die Chance, länger zu schlafen und dafür länger und effektiver am Abend zu arbeiten. Das gilt umgekehrt auch für „Lerchen“. Wer sich fit fühlt, sollte so früh wie möglich starten. Das Home-Office hat keine Schließ- oder Kernzeiten. Egal für welche Struktur man sich entscheidet, man sollte auf alle Fälle eine haben und sich trotz Ablenkungen daranhalten. Struktur gibt Sicherheit und Sicherheit ist der Schlüssel für guten Schlaf.
Wer gut schläft, dessen Geist ist aufnahmefähiger. Die Schlafstörung produziert einen Teufelskreis aus negativem Stress, schlechter Leistungsfähigkeit, Sorgen und einem fortgeschriebenen Erholungsdefizit. Wer gut schläft, löst seine Weiterbildungsprobleme quasi im Schlaf. Ausgeruht kann man sich den Herausforderungen in jedem Alter besser stellen.
Innerlich zur Ruhe kommen
Die Voraussetzung für Schlaf ist innere Ruhe. Damit diese entsteht, hilft ein Gefühl der Sicherheit. Umgekehrt bedeutet Unsicherheit Stress und damit Schlaflosigkeit. Neben der erwähnten Struktur existieren weitere Strategien, um sich sicherer zu fühlen. Soziale Unterstützung spielt eine wichtige Rolle. Wer sich mit anderen austauschen kann, wer einen Ansprechpartner für seine Probleme hat, fühlt sich weniger allein und eher geborgen und sicher. Wer allein lebt, sollte regelmäßig mit Freuden telefonieren. Für Menschen, die sich isoliert fühlen, gibt es psychotherapeutische Angebote oder Sorgentelefone der Kirchen. Die Zeiten sind besonders und man sollte keine Scheu haben, die positiven Angebote der Gesellschaft zu testen.
Mediales Ausmisten
Aber nicht nur vertrauensvolle Kommunikation kann Sicherheit vermitteln, auch die Wahl der Nachrichten, die man täglich empfängt, spielt ein Rolle. Fake News und Verschwörungstheorien sind eher kontraproduktiv, wenn es um guten Schlaf geht. Die schiere Menge an Infos kann einen erschlagen, ohne zu beruhigen. Studien deuten darauf hin, daß ein begrenzter Konsum von Nachrichten der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuträglich ist. Es reicht vollkommen aus, einmal am Tag die Tagesschau zu sehen. In 15 Minuten kann sich jeder gut updaten und statt an Sorgen an Lösungen arbeiten.
Beruhigungsmethoden
Daneben gibt es profane Mittel, um ein Gefühl der Sicherheit zu Hause zu entwickeln. Untersuchungen belegen, daß Menschen besser schlafen können, wenn sie vor dem Einschlafen noch einmal kontrollieren, ob die Haustür gut verschlossen ist. Einsamen Menschen helfen Hörspiele oder sanft gesprochene Traumreisen vor dem Einschlafen, weil ihnen so suggeriert wird, daß sie nicht allein sind.
Wenn die wirtschaftliche Existenz bedroht scheint, kann es helfen Notfall-Strategien zu entwickeln. Was ist, wenn das Geschäft in den nächsten Monaten nicht anzieht? An wen kann ich mich wegen Unterstützung wenden? Es ist nicht notwendig, gleich einen 100% praktikablen Plan aufzuschreiben. Man schläft schon besser, wenn man seine Probleme benennt UND mögliche Lösungen schriftlich festhält.
Eine andere Schreib-Methode für Wohlbefinden kann gerade in Krisenzeiten den Schlaf fördern: Das Corona-Chancen-Tagebuch. Diese Übung geht über fünf Tage. An jedem Tag absolviert man eine Teilübung, die maximal 15 Minuten dauert:
Mein Corona-Tagebuch
- Drei Dinge aufschreiben, für die man in der Krise dankbar ist
- Sich schriftlich an eine Zeit erinnern, als man sich so sicher und wohl gefühlt hat
- Schriftlich an die Zeit nach der Krise denken, wenn es einem wieder richtig gut gehen wird
- Einen Liebesbrief an jemanden schreiben, der für einen da ist oder früher in einer anderen Krise geholfen hat (muß nicht abgeschickt werden)
- Sich an die letzte Krisen-Woche erinnern und drei Punkte aufschreiben, die einem trotz Corona gelungen sind und warum das so war
Beim ersten Teil reicht es drei Stichpunkte aufzuschreiben. Bei den vier weiteren Aufgaben sollte man sich mit einer DIN A 4 Seite begnügen.
Gesunder Schlaf ist auch in Home-Office-Zeiten eine entscheidende Ressource. Er ist die Quelle für eine erfolgreiche Bewältigung neuer und alter Herausforderungen. Zusammengefaßt sollte wer körperlich und geistig auftanken will:
Das lässt Sie besser schlafen:
- Eine individuell passende Tages-Schlaf-Struktur entwickeln
- Ein sicheres Umfeld mit stärkenden sozialen Kontakten und verläßlichen Informationen schaffen
- Sorgen und Lösungen aufschreiben und ein Corona-Chancen-Tagebuch führen
Das Home-Office bleibt eine Herausforderung für die Work-Life-Schlaf-Balance. Sie fordert alle heraus aus alten Gewohnheiten. Sie kann tatsächlich eine Chance sein, um wieder besser in den Schlaf zu finden.
Autoren: Christoph von der Malsburg (Trainer & Coach mit Schwerpunkt „Gesunder Schlaf“ & Thomas Lang (Trainer & Berater für „Erfolgreiches Stressmanagement“)