Eine sehr verbreitete und wissenschaftlich belegte Methode der Entspannung ist die Progressiven Muskelrelaxation (PMR). Hierzu werden einzelne Muskeln zunächst gehalten und dann mit dem Ausatmen wieder gelöst und entspannt. Dabei konzentriert man sich auf die Empfindungen der Entspannungen in den betreffenden Muskelpartien und versucht, die Entspannung beim Ausatmen zu vertiefen.
Beobachtende Atemübungen veranschaulichen sehr gut dieses Prinzip der Entspannung. Die Atmung gehört zu den Funktionen, die auf der einen Seite vegetativ und auf der anderen Seite aber bewusst vom Willen gesteuert werden können. Bemühe ich mich absichtlich um eine ruhige und gleichmäßige Atmung, so wird immer ein Rest Anspannung bleiben und der Atem wird nicht wirklich frei fließen. Entspannung kann also nicht erzwungen werden, so wie auch das Einschlafen nicht willentlich herbeigeführt werden kann. Denn Wille ist Spannung. Auf dem Weg zur Entspannung steht daher ganz am Anfang das Loslassen zugunsten einer mehr mitgehenden, sich hingebenden Haltung. Erst wenn es mir gelingt, von der Möglichkeit der aktiven Beeinflussung des Atmens zu lassen (‚Ich atme‘) und mich stattdessen dem spontanem Rhythmus meines Atems zu überlassen (‚Es atmet mich‘), wird es allmählich zu einer fortschreitenden Vertiefung und Harmonisierung des Atems kommen.
Distanzierung zum Stress
Dabei geht es bei der Übung nicht nur um nicht um das bloße Erlernen der Technik des ‚richtigen‘ Atems. Vielmehr werden im Laufe des Trainings Veränderungen im emotionalen und kognitiven Bereich durch das Erleben des eigenen unwillkürlichen Atems angestoßen. Die Methode der Selbstbeobachtung führt ferner zu einer inneren Distanz vom aktuellen Stressgeschehen. Die Realisierung einer solchen inneren Haltung des Nicht-Bewertens ermöglicht eine Disidentifikation mit automatisierten Stressreaktionen. In akuten Belastungssituationen kann dadurch eine sich immer weiter aufschaukelnde emotionale Stressreaktion durchbrochen und dadurch Stresskompetenz ausgebildet werden, die den Symptomstress verhindert.
Erregungskontrolle in akuten Belastungssituationen
Der körperliche und psychische Effekt von regelmäßig durchgeführten Entspannungstrainings ist wissenschaftlich belegt. Regelmäßiges Training führt in der Regel zum Abbau körperlicher Erregung und zur Linderung funktionaler Schmerzen. Wenn sie gut trainiert ist, kann Entspannung neben dem Zweck der Erholung und des Belastungsausgleichs auch als kurzfristige Bewältigungsstrategie in akuten Belastungssituationen eingesetzt werden und so problembezogene Auseinandersetzung ermöglichen bzw. vorbereiten. So kann ein und dieselbe Entspannungsübung zum Beispiel als Funktion kompensatorische Erholung haben oder zur Bewältigung einer bevorstehenden Leistungsanforderung eingesetzt werden.
Entspannungsübungen können also sowohl zur Kompensation langfristiger Beanspruchung und Erholung dienen, als auch zur Erregungskontrolle in akuten Belastungssituationen sowie zur Aufweichung stressverschärfender Bewertungsmuster und Haltungen.
Anleitung zur Atemübung
1. Schritt: Achten Sie darauf, dass sie bequem und aufrecht stehen. Die Füße stehen fest und sicher auf dem Boden, der Rücken aufgerichtet wie von einer Schnur nach oben gezogen, die Händen hängen locker herab.
2. Schritt: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach innen, auf Ihren Körper. Schließen Sie Ihre Augen und nehmen Sie Ihren Körper von innen heraus wahr. Die Hände, die Füße, den Rücken … Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nun bitte auf Ihren Atem … Beobachten Sie das Ein- und Ausströmen Ihres Atems …, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt.
3. Schritt: Nehmen Sie einen tiefen Atemzug und atmen Sie langsam wieder aus …, und lassen Sie dann Ihren Atem laufen … Beobachten Sie einfach das Ein- und Ausströmen Ihres Atems …, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt.
4. Schritt: Nehmen Sie eine tiefen Atemzug und atmen Sie langsam wieder aus …, Beobachten Sie einfach das Ein- und Ausströmen Ihres Atems…beobachten einfach das Ein … und das Aus Ihres Atems … Ein … und Aus … Ein … und Aus … Wenn Gedanken Sie ablenken, dann hängen Sie ihnen nicht nach, sondern lassen sie vorüberziehen wie Wolken am Himmel, die kommen und gehen, und kehren Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit immer wieder zu Ihrem Atem zurück.
5. Schritt: Beobachten Sie einfach das Ein … und Aus Ihres Atems … Ein … und Aus … und Ein … und Aus … Dies geschieht von ganz alleine … Sie brauchen nichts dazu zu tun. Sie lassen es geschehen…und schwingen innerlich im Rhythmus Ihres Atems mit..Ein..und Aus… Dies geschieht von ganz alleine … Sie lassen es geschehen und beobachten … Ein … und Aus … Ein … und Aus … eine kurze Weile jeder für sich (ca. 2Min)
6. Schritt: Sagen Sie sich nun bitte, dass Sie die Übung gleich beenden werden. Ballen Sie Ihre Hände zu Fäuste, strecken und räkeln sich, atmen sie ein paar Mal kräftig durch … und öffnen Sie dann die Augen.
Autorin: Anna Wimmer
Quellen:
Antonovsky, A. (1987): Unraveling the mystery of health. San Francisco: Jossey-Bass.
Beck & Beck-Gernsheim (1994): Riskante Freiheiten. suhrkamp, Frankfurt a. Main.
Beck- Gernsheim, Elisabeth (1983): Gesundheit und Verantwortung im Zeitalter der
Gentechnologie.
Buddeberg, Claus (2004): Psychosoziale Medizin. Springer, Stuttgart.
Kaluza, Gert (2004): Stressbewältigung. Springer, Berlin.
Rauschenberg, Barbara (1994): Inszenierte Solidariät: Soziale Arbeit in der
Risikogesellschaft.
Luhmann, Niklas (1994): Copierte Existenz und Karriere. Zur Herstellung von Individualität. Suhrkamp, Frankfurt a. Main.
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