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Während Lernen früher stets eine lokale Veranstaltung erforderte, ist auch dieser Bereich heute längst ins virtuelle Zeitalter eingetreten. Der Lehrer benötigt nun nicht mehr unbedingt Räumlichkeiten mit entsprechender Infrastruktur und Platzbedarf, um eine begrenzte Anzahl von Schülern unterrichten zu können. Die Lernenden müssen nicht zum Dozenten kommen, sie holen ihn sich sozusagen einfach ins Haus. Das Stichwort heißt ‚Blended Learning‘ und steht für die moderne Wissensvermittlung der digitalen Zukunft.
Blended Learning heißt auf Deutsch integriertes oder hybrides Lernen. Diese Form des Lehrens kombiniert die Vorteile herkömmlicher Präsenzveranstaltungen mit den neuen Möglichkeiten des E-Learning. Ein Markt mit großen Potenzialen. Der mmb Trendmonitor 2016 drückt die rosigen Aussichten mit den Worten ‚Mobiles Lernen wird der Umsatzbringer No. 1‘ aus, mit denen die 10. Trendstudie ‚mmb Learning Delphi‘ des Essener Instituts überschrieben ist.
Am Anfang dieser Geschichte standen Autorensysteme, die nach und nach zu echten Lernplattformen weiterentwickelt wurden. Denn es ging ja nicht darum, nur starrre Lerninhalte zur Verfügung zu stellen, das Ziel waren viel mehr interaktive Lernumgebungen, die eine Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler ermöglichen sollten. Auf dieser Basis entstanden kundenorientierte Anwendungen, beispielsweise für die Aus- und Weiterbildung von Vertriebsmitarbeitern. Der durchschlagende Erfolg des Blended Learning kam schließlich mit Schulungen, welche sich direkt auf die Praxis von Arbeitsprozessen in Unternehmen ausrichteten. Ein anschauliches Beispiel für diese Entwicklung ist der Arbeitsschutz. Das Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung IAG prüft und zertifiziert heute Blended Learning Programme, weil „E-Learning-Programme ein gutes Hilfsmittel zur Unterweisung im Arbeitsschutz sein können“. Mit der Einrichtung seiner Prüf- und Zertifizierungsstelle trägt das IAG nach eigenen Angaben der steigenden Nachfrage nach E-Learning Angeboten im Bereich Arbeitsschutz Rechnung.
In den USA hat sich Blended Learning mit Google Classroom auch in den Schulen bereits etabliert. Mit Hilfe dieses Webangebots können Lehrer Aufgaben für ihre Schüler erstellen, die nach der Bearbeitung elektronisch übermittelt werden. Während der Arbeit haben die Schüler dann die Möglichkeit digital mit ihrem Lehrer zu kommunizieren. Der bekannte amerikanische Zukunftsforscher Elliot Masie kommentiert das Blended Learning so: „People are not single-method learners! We are, as a species, blended learners” (Menschen lernen nicht nach nur jeweils einer Methode! Wir sind als Spezies integrierte Lerner). Zahlreiche Beispiele aus der Praxis weisen den Erfolg dieser neuen Art der Wissensvermittlung auch in der Arbeitswelt von heute faktisch nach.
Die Geschichte des Blended Learning zeigt, dass es sich dabei nicht um eine revolutionäre Innovation handelt, sondern um eine Evolution, die mit der digitalen Wirklichkeit einherging. Im Laufe der Zeit haben sich sechs Grundmodelle des integrierten Lernens entwickelt.
Diese Urform des Blended Learning wird noch stark vom Präsenzunterricht dominiert. Durch Elemente, die von den Schülern jederzeit online abgerufen werden können, werden die Präsenzphasen ergänzt. Diese Vorstufe des echten Blended Learning profitiert bereits von der Kombination aus Präsenz- und Online-Komponenten, schöpft die Möglichkeiten des integrierten Lernens aber noch nicht voll aus.
Auf dem Stundenplan stehen feste Termine für Präsenzveranstaltungen und Online-Angebote. Meist findet die reine Wissensvermittlung im Präsenzunterricht statt, online können dann Aufgaben zum Thema gelöst und Verständnislücken geschlossen werden. Letzteres geschieht durch Foren, eMails oder mittels Videotelefonie. Bei diesem Modell werden die Vorteile des Blended Learning weitgehend ausgeschöpft, lediglich die festen Termine schränken die Flexibilität noch ein.
Hier wird die Wissensvermittlung von einer Online-Plattform beherrscht. Präsenzveranstaltungen runden das Angebot nur in geringem Maße ab, wenn beispielsweise kleinere oder auch größere Gruppen sich wegen auftretender Probleme zu einem persönlichen Treffen verabreden. Ansonsten geschieht die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern auf digitalem Wege. Diese Form des Unterrichts setzt eine hohe Selbstständigkeit bei den Lernenden voraus, bietet dafür aber eine große Flexibilität.
Dabei werden sämtliche Lerninhalte online zur Verfügung gestellt, die Teilnehmer rufen diese jedoch in einem eigens dafür eingerichteten Schulungsraum ab. Dort können sie mit den Dozenten digital kommunizieren und auftauchende Fragen klären. Dieses Angebot lebt von der direkten Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern und funktioniert nur dann optimal, wenn ein Ansprechpartner persönlich zur Verfügung steht.
Bei dieser Mischform der Wissensvermittlung finden Teile eines Kurses im Präsenzunterricht statt. Andere Teile werden im Internet absolviert, wobei die Kommunikation ausschließlich über dieses Medium stattfindet. Die Studenten haben die Möglichkeit, Online- oder Präsenzkurse zu belegen, was die Gestaltung des Stundenplanes erheblich erleichtert. So können sie die Vorteile des Blended Learning vollumfänglich ausnutzen.
Dabei handelt es sich um eine Form von Online Education, die vorwiegend auf Angebote via Internet setzt und auch die Kommunikation weitgehend auf dieses Medium beschränkt. Präsenzphasen ergänzen den Unterricht nur, wenn eine aktuelle Notwendigkeit dafür besteht. Diese Art der Wissensvermittlung setzt fast ausschließlich auf die Vorteile des E-Learning. Das erhöht die Flexibilität, setzt aber wiederum eine hohe Selbständigkeit der Schüler voraus. Die Kommunikation findet weniger direkt und zeitnah statt als bei anderen Formen des Blended Learning.
Die unterschiedlichen Ansätze der sechs Modelle erlauben eine sehr individuelle Gestaltung von Blended Learning. Das Kursangebot wächst stetig und wird zusehends unübersichtlicher. Eine Orientierungshilfe bietet der Online-Kursfinder, der ein umfangreiches Kursangebot für verschiedene Zielgruppen auflistet. So findet jeder ein Blended Learning Angebot, das seinen Anforderungen entspricht.
Einen Einblick in die praktische Umsetzung von Blended Learning im Hochschulalltag bietet die Universität Leipzig. In ihrem Bildungsportal gewährt sie Einsicht in die Konzeption und den Aufbau ihres kombinierten Weiterbildungskurses ‚Technische Chemie‘. Die Heidelberger Full Service Agentur tts GmbH berichtet vom erfolgreichen Einsatz von Blended Learning bei der Schweizer Privatbank Votobel. Und die Universität Konstanz setzt Blended Learning unter dem Namen ‚Augmented Classroom‘ zur Optimierung des englischsprachigen Angebots ein und kooperiert dabei mit englischsprachigen Partnerhochschulen. Den praktischen Erfolg von Blended Learning, vor allem im Bereich der Universitäten, dokumentiert auch der Horizon Report 2016, der in Zusammenarbeit von The New Media Consortium mit der EDUCAUSE Learning Initiative herausgebracht wurde.
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Blended Learning wurde seit seiner Einführung vielfach wissenschaftlich erforscht, wobei Studien in den verschiedensten Anwendungsbereichen durchgeführt wurden. Das Department Psychologie am Institut für Pädagogische Psychologie der Universität München hat beispielsweise schon im Jahr 2006 einen Forschungsberichtzur Wirkung von Blended Learning Lernumgebungen veröffentlicht. In der Studie wurden die Bereiche Evaluationsforschung, Feldforschung, experimentelle Forschung, Design-Based-Research-Ansatz und integrativer Forschungsansatz abgedeckt. Die Potenziale von Blended Learning Lösungen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Afrikas, Asiens und Lateinamerikas untersuchte die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH in einer weiteren Studie zum Thema. Denn dafür spielen Bildung und Wissen eine Schlüsselrolle, wie die Forscher ihr Projekt kommentieren. Mit dem Thema E-Learning im Mittelstand beschäftigt sich eine Studie aus dem Jahr 2014. Dafür hat das mmb Institut in Zusammenarbeit mit der Haufe Akademie den Status quo und die Perspektiven von E-Learning in deutschen Unternehmen unter die Lupe genommen.
Aber auch im Sport ist Blended Learning auf dem Vormarsch. Diesen Bereich beleuchtet die Führungs-Akademie des Deutschen Olympischen Sportbundes in einem Interview mit dem Wissenschaftler Dr. Frank Vohle. Der Experte beschreibt die Vorteile von Blended Learning für Sportler unter anderem so: „Sie entschleunigen, sind ‚geduldig‘ und ermöglichen ein Lernen in Eigenzeit. Eigenzeit ist deshalb von elementarer Bedeutung, weil die äußere Zeit des Lehrens nicht mit der inneren Zeit des Lernens zusammenhängt. Digitale Medien, eingebunden in ein didaktisches Szenario, geben in der Regel Raum für diese Eigenzeit des Lernens.“ Die Bildungsexpertin Britta Kroker bringt das Thema im Interview mit Zeit online auf den Punkt, wenn sie sagt: „Die Digitalisierung macht ständige Weiterbildungen nötig, aber auch möglich.“ Die ehemalige Leiterin des Campus-Verlags und heutige Geschäftsführerin bei Pink University meint, dass Unternehmen immer mehr zu lernenden Organisationen werden. Diese Herausforderung gilt es anzunehmen. Blended Learning ist dafür der ideale Steigbügel.
Auch am Betrieblichen Gesundheitsmanagement geht der digitale Wandel nicht vorüber. Immer mehr Mitarbeiter in deutschen Unternehmen arbeiten im Home Office oder an wechselnden Arbeitsplätzen – es ist eine Herausforderung, alle Arbeitnehmer gleichermaßen mit Maßnahmen des BGM zu erreichen. Blended Learning-Angebote, Wearables oder Online-Mitarbeiterbefragungen sind nur einige der Möglichkeiten des Gesundheitsmanagements 2.0. Unternehmen entdecken zunehmend die Vorteile dieser Angebote.
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Welchen Stellenwert räumen deutsche Geschäftsführer und Personalmanager dem digitalen Gesundheitsmanagement ein? Das ist eine der Fragen der #whatsnext-Trendstudie zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement. #whatsnext – „Gesund arbeiten in der digitalen Arbeitswelt“ ist eine Kooperation des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung, der Haufe-Gruppe und der Techniker Krankenkasse. Für die Studie 2017 wurden mehr als 800 Personaler, Führungskräfte und BGM-Verantwortliche aus deutschen Unternehmen dazu befragt, wie sie ihr BGM aktuell gestalten, welche Themen eine große Bedeutung haben und mit welchen Anforderungen und Veränderungen die Unternehmen in den nächsten fünf Jahren rechnen. Die Auswertung zeigt, dass das Thema „Digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement“ in den kommenden fünf Jahren von allen Themen am stärksten an Relevanz zulegt (Faktor +0.89). Auffällig ist, dass Großbetriebe (mehr als 250 Mitarbeiter) dem digitalen BGM einen hoch signifikanten Bedeutungszuwachs zugestehen. Das ist einleuchtend, da vor allem große Unternehmen die Möglichkeit haben, ein effektives und umfassendes Angebot an digitalen BGM-Angeboten zu erarbeiten. Dies wird wohl auch immer wichtiger werden, wenn Mitarbeiter vermehrt an externen Arbeitsplätzen oder im Home Office arbeiten.
Unternehmen haben mit dem digitalen Gesundheitsmanagement ein wertvolles weiteres Werkzeug zur Prävention ihrer Mitarbeiter erhalten. Unabhängig von Zeit und Ort können diese sich selbstständig und selbstbestimmt über verschiedene Gesundheitsthemen für den Arbeitsplatz informieren, Verantwortliche können in größeren Betrieben schneller und effektiver mit Mitarbeitern in Kontakt treten.
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Die #whatsnext-Trendstudie zeigt sehr gut, dass Unternehmen das Thema „Digitales BGM“ zwar wahrnehmen, aber gern in die nähere Zukunft verschieben. Das mag seinen Grund auch darin haben, dass es zunächst einmal einer guten Planung und Konzeption der geeigneten Maßnahmen benötigt.
Digitale Methoden des Betrieblichen Gesundheitsmanagements können Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern einige Prozesse erleichtern und zusätzliche Möglichkeiten für ein vielseitiges Gesundheitsmanagement sein, das alle Mitarbeiter erreicht. Trotzdem ist der persönliche Kontakt zwischen allen Beteiligten die Basis für erfolgreiche Maßnahmen. Es kommt darauf an, alle Werkzeuge des klassischen und digitalen BGM zu einem gekonnten und individuell zugeschnittenen Mix zu kombinieren. Die Unternehmensberatung für Betriebliches Gesundheitsmanagement unterstützt Sie gern in diesem Prozess.
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